"Freie Presse" und Förderverein haben gestern nicht nur interessante Einblicke geboten. Auch das Flair war ein ganz besonderes.
Netzschkau. Es war ein Tag voller Abwechslung und voller Überraschungen: Für mehr als 850 zahlende Besucher, die im Rahmen der "Freie Presse"-Aktion "Unentdeckte Orte" gestern ein Schloss im Norden des Vogtlandes kennenlernen durften, das ihnen so manches "Aaah" und "Oooh" entlockte. Für den kleinen Förderverein Schloss Netzschkau, der eine lebendige Atmosphäre voller Gastfreundschaft zauberte und dafür Lob und anerkennende Worte von vielen Seiten hören durfte. Und letztlich sogar für Bürgermeister Mike Purfürst (Gewerbeverein Netzschkau), der sich als Parkplatz-Einweiser bewähren konnte.
Denn als am gestrigen Morgen der Andrang in Richtung Schloss sichtbar wurde, reagierte Purfürst kurzerhand und stellte sich in den Dienst der Sache. Gemeinsam mit seinem Vater Detlef Purfürst, mit seinem zehnjährigen Sprößling Ramon und dem in Netzschkau lebenden und für seine Hilfsbereitschaft bekannten indischen Asylbewerber Rahul Sharma übernahm das Stadtoberhaupt das Einweisen am doch etwas unübersichtlichen Parkplatz-Bereich oberhalb des Schlosses. Er freue sich riesig, sagte Purfürst, dass die Stadt an diesem Tag eine derartige Anziehungskraft entwickelte.
Fachleute wie die Mylauer Museumsleiterin Sina Klausnitz und Baufachmann Martin Militzer standen bereit, um den Wissensdurst der Besucher zu stillen. Und natürlich weitere Aktivposten des Vereins. Militzer erklärte im Saal aus erster Hand und entsprechend anschaulich, wie die Decke in den 1970er Jahren gerettet und saniert werden konnte.
Fördervereins-Chef Volker Steps war angetan von den an Details interessierten Besuchern. "Die Leute stellen präzise Fragen", meinte er. "Sie haben offenbar die Ankündigung in der ,Freien Presse' vom Mittwoch sehr genau gelesen." Das fiel ihm auf - und noch etwas: Die Besucher sind alle sehr gut drauf. "Es gibt kein Drängeln, kein böses Wort." Trotz aller Arbeit, die das Vorbereiten und Durchführen der Aktion mit sich bringt, schwebte der Vorsitzende des gut 30 Mitglieder kleinen Vereins auf einer Wolke. "Ich bin überwältigt", sagte er.
Beobachtungen, die auch Stefan Seidel bestätigen konnte, Verlagsbezirksleiter der "Freien Presse" im Vogtland und einer der Hauptorganisatoren der Schloss-Erkundung. "Es geht alles so entspannt zu", meinte der Lengenfelder.
Zwischenzeitig legte das gestern durchziehende Gewitter den Betrieb lahm. Stände mussten eilig abgedeckt und dann wieder aktiviert werden, doch kaum war der letzte Regentropfen gefallen und lugte die Sonne hervor, ging es weiter. Die Besucher strömten derweil ins Schloss und stürzten sich auf den Kuchen im Schloss-Café. Der für den Mittagsansturm vorbereitete Wurststand von Fleischermeister Döhler musste im Gewitter pausieren.
Viele auswärtige Besucher aus Chemnitz, Freiberg, Stollberg und anderen Kommunen nutzten den Besuch in Netzschkau zu einem Abstecher zur Göltzschtalbrücke. Zeitweilig erinnerte es an eine organisierte Wanderung, die sich vom Schloss zur weltgrößten Ziegelbrücke und wieder zurück bewegte.
Jeder staunte auf seine Weise. Der zehnjährige Jeremy Nobis aus Stollberg staunte im Keller, dass Fotograf Carsten Steps in seiner Ausstellung Fotos in einer Zinkwanne schwimmen ließ. "Warum liegen die Bilder im Wasser?", fragte der Junge. Fotos mussten früher durchs Wasserbad, antwortete Carsten Steps. Zudem thematisierte er in seiner Kurzzeit-Ausstellung die Vergänglichkeit. Nach wenigen Tagen im Wasser ist vom Foto nichts mehr zu sehen, sagte der Fotograf und gab dem beeindruckten Jungen neue Sichtweisen mit auf den Weg. Doch auch gestandene Besucher zeigten sich beeindruckt vom Netzschkauer Schloss und den Schätzen, die das alte Gemäuer besitzt. Beim gestern gestatteten Blick ins Magazin zeigten sich die Ehepaare Ursula und Dietmar Wolf aus Zwickau sowie Hildegard und Peter Stölzel aus Chemnitz perplex. Das habe man nicht erwartet.